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Feuchte Nase, hüpfendes Herz: Dackelfieber in Wardenburg


16. Mai 2024

Regelmäßiger Besuch der Oldenburger Teckelgruppe im Wohnpark sorgt für Abwechslung, Austausch und Glücksgefühle / Ernster Hintergrund

OLDENBURG/WARDENBURG. Das größte Glück der Erde liegt auf dem Rücken ... – und hört auf den Namen Neptun, Yosie oder Fiete! Das zumindest lässt sich am „Dackel-Dienstag" im Wohnpark Wardenburg aus den Gesichtern der hiesig lebenden Seniorinnen und Senioren lesen, wenn sich die kleine Dachshundbande auf die vorbereiteten Leckerlis stürzt oder auch mal rücklings kraulen lässt. Streicheleinheiten und Knabberzeug sind jedoch nicht die ausschließlichen Gründe für solch regelmäßigen Zusammenkünfte – die Themen Tod und Einsamkeit sind ebenso Antrieb und leidlich stete Begleiter.

Hildegard hat bereits beachtliche 96 Jahre in den Knochen und mag nach eigenem Bekunden Katzen eigentlich lieber als Hunde. Das sagt sie allerdings nicht laut, wenn die Rau-, Kurz- und Langhaar-Gang der Teckelgruppe Oldenburg im Hause ist – man würde es ihr beim Blick in die strahlenden Augen ja ohnehin nicht abnehmen ...

Seit rund zwei Jahren gibt's den „Dackel-Dienstag" im Wohnpark Wardenburg. War's beim ersten Mal dank freundschaftlicher Bande zwischen einer Mitarbeiterin und einem Dackelfrauchen noch als bloße Aktion und einmaliges „Leckerli" für die Bewohnerinnen und Bewohner angelegt, ist's mittlerweile eine echte Institution, vielmehr ein Muss. „Alle freuen sich hier wahnsinnig darauf, wenn die Dackel kommen", sagt Einrichtungsleitung Johanna Meyborg, „sie verabreden sich schon beim Mittagessen in voller Erwartung zum späteren Treffen im Foyer. Es ist tatsächlich für alle Beteiligten schon vorher, aber auch danach eine große Bereicherung."

Wesensveränderungen bei Teckel und Mensch

Dem kann Susan Runge nur wohlwissend zustimmen – sie ist mit ihren beiden Dackeln Quincy und Neptun stets dabei, aber auch Vorsitzende der ,Ortsgruppe Oldenburg des Deutschen Teckelklubs 1888', wie es im Vereinswesen dann auch korrekt heißen muss. Obgleich: Die Gruppe erscheint so ganz anders, als es der bloße Name andeuten und sonstigen Gepflogenheiten entsprechen mag: ganz unprätentiös, außerordentlich zugewandt und offen, dazu überraschend ruhig und ungezwungen – das gilt übrigens nicht minder für die menschlichen Begleiter*innen ...

„Es sind ganz reizende Personen dabei, die schließt man einfach ins Herz. Diese Besuche machen viel mit uns allen, sie machen die alten Leute glücklicher und beweglicher in Körper und Kopf, sie ändern aber auch unsere eigene Einstellung", so Runge. Das kann sie auch begründen: „Innerhalb der Gruppe haben wir festgestellt, dass wir mittlerweile ganz anders auf Senioren zugehen – dabei sehr viel herzlicher und gelassener, aber eben auch aufmerksamer sind. Nicht nur hier im Haus, sondern auch auf der Straße, in der Nachbarschaft, im Supermarkt. Und es ist ja auch so wichtig: Man geht als jüngerer Mensch nicht einfach so ins Altenheim. Das Thema Altwerden und im Endeffekt auch der Tod ist nach wie vor eines, über das in diesem Land nicht genügend geredet wird – dabei bringt es so viel."

Die Kraft verschlossener Türen

Schon wenn sich die ersten Teckelklub-Mitglieder vor den gläsernen Türen des Wohnparks versammeln, wird dahinter bereits aufgeregt an den Leckerli-Tüten herum genestelt. Es raschelt, es klackert, das Stimmengewirr nimmt zu. „Die Dackels kommen!", heißt es hier und „Wo ist denn Fiete? Hat jemand schon Fiete gesehen?", ruft es aus der anderen Ecke. Kurzum: Die Stimmung im weiten Rund steigt merklich.

Das ist nicht immer so. Manchmal bleiben Zimmertüren, die sonst für Besuchshunde und Frauchen wie Herrchen weit geöffnet waren, verschlossen. Dahinter, wo an früheren Dienstagen Pfotengetrappsel für ein lautes Hallo und glückliche Augen auf beiden Seiten sorgte, ist's dann plötzlich still. Die Einsamkeit des Alters, die im wahrsten Sinne „Lange Weile" im neuen Raum, der zuweilen fehlende familiäre Anschluss der hier Lebenden – das sind Themen, die innerhalb der Ortsgruppe immer wieder bedrücken, die aber auch diskutiert werden.

Tiere verbinden und beugen Einsamkeit vor

„Dass Menschen, mit denen man regelmäßig solch einen besonderen Kontakt hat, in absehbarer Zeit nicht mehr da sein werden, war auch für uns anfangs schwer zu verstehen und damit umzugehen", sagt Susan Runge, „mittlerweile haben wir aber einen neuen Zugang zur Thematik gefunden – und die Zimmer sind ja auch schnell wieder mit neuen Gesichtern und Geschichten besetzt." Und mit Glück. In den Flur des Obergeschosses haben sie sich hier ein großformatiges Bild gehängt. Darauf zu sehen: ein gutes Dutzend Dackel – Beelke und Wilma, Buddy, Jürgen und all die anderen Besuchshunde des Jetzt, aber eben auch der Vergangenheit. Alles fließt.

„Die Bewohnerinnen und Bewohner, die insbesondere in der Corona-Zeit wenig Zugang zueinander gefunden hatten, kommen nun aufgrund der Besuche sehr viel häufiger zusammen, reden über ihre früheren Haustiere und leben darin richtig auf", so Johanna Meyborg, „die Tiere verbinden und beugen Einsamkeit vor – auch bei bettlägerigen Menschen, die sich vielleicht nicht so gut in Gruppen integrieren lassen, merkt man einfach, was für besondere Emotionen entstehen, wenn die Dackel kommen."

Wir haben ein Video zum Thema auf unserem Youtube-Kanal hinterlegt. Diesen finden Sie unter https://www.youtube.com/watch?v=FZoy6e4j24U 

Zum Hintergrund

  • Die Dackel des Teckelklubs sind allesamt ausgebildete Begleithunde
  • Der Wohnpark Wardenburg ist die einzige Einrichtung, die die Oldenburger Gruppe besucht – ein Alleinstellungsmerkmal
  • Am 14. Juni 2024 feiert der AWO Wohnpark Wardenburg von 15 bis 18 Uhr ein Sommerfest – mit dabei sind unter anderem der Shanty-Chor Benthullen-Harbern, es gibt eine Hüpfburg, eine Tombola und auch mehrere Hausführungen
  • Die Einrichtung verfügt über 60 Wohnplätze, dies ausschließlich in Einzelzimmern

Der AWO Bezirksverband Weser-Ems ...
... bietet mit seinen weit über 4100 Mitarbeitenden zwischen Nordsee und Osnabrücker Land soziale Dienstleistungen in über 80 Einrichtungen rund um Pflege, Kinderbetreuung, psychosoziale Teilhabe und Beratung an. Als politischer Verband vertritt dieser die Interessen der Menschen in der Region und setzt sich für eine demokratische und gerechte Gesellschaft ein.

Die Arbeiterwohlfahrt ...
...gehört zu den sechs Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege. Bundesweit wirken in ihr über 300.000 Mitglieder, mehr als 72.000 ehrenamtlich Engagierte und 242.000 hauptamtliche Mitarbeiter*innen, um in unserer Gesellschaft bei der Bewältigung sozialer Probleme und Aufgaben mitzuwirken und den demokratischen, sozialen Rechtsstaat zu verwirklichen.

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