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„Nein! Doch! Nein! Doch!" – Behrens trifft Scholz im AWO Sprachheilkindergarten Hemmoor


15. November 2024

HEMMOOR. Die Innenministerin, das Neinhorn und der Grüffelo auf Stippvisite im AWO Sprachheilkindergarten, weit draußen in Hemmoor? Diese seltene Zusammenkunft machte der bundesweite Vorlesetag am Freitag möglich, sehr zur Freude von Bianca Scholz. Aber auch zu ihrer Überraschung.

Da musste sich selbst die so lebenserfahrene Bianca Scholz kurz sammeln, als die Anfrage am Diensttelefon einging. Innenministerin Daniela Behrens möchte ihren Sprachheilkindergarten besuchen? Personenschutz und Kinderbücher gleich im Gepäck? „Wir waren uns schnell einig, dass wir dem Ministerium hier gern die Zusage geben", sagt Scholz. Zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnend, wie danach die Turnhalle der Einrichtung wohl aussehen mag.

Seit knapp neun Monaten leitet Scholz den Sprachheilkindergarten in Hemmoor, aber auch die Einrichtung in Cuxhaven. In dieser knappen Zeit ist sie zwar schon einige neue Wege gegangen – hier Aktionstage mit Eltern, dort neues Personal oder auch die kreative Umgestaltung der Räumlichkeiten -, aber dass dann derart rasch solch hoher politischer Besuch ins Hause steht, hätte auch sie nicht erwartet.

Für den Sprachheilkindergarten eine nachvollziehbar ziemlich große Sache, für das Ministerium eher business as usual. Schließlich ist's der bundesweite Vorlesetag, an dem zahllose mehr oder minder bekannte Promis quer durchs Land ziehen und dort fürs (Vor-) Lesen werben. In Hemmoor geschah das nun weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Lediglich die Kinder, Mitarbeitende und das Team der Ministerin verfolgten das durchaus lebhafte Geschehen in der mit Matten, Decken, Kuschelkissen und Stofftieren ausgestatteten Turnhalle. „Nein! Doch! Nein! Doch!", rief Behrens dem halbstarken Auditorium aus 4- bis 7-Jährigen unmissverständlich zu. Doch gemach, gemach: Das alles kam bestens an und war genau so gewollt – schließlich las die gebürtige Bremerhavenerin hier mit Verve aus verschiedenen Kinderbüchern (Neinhorn, Grüffelo, Pippi Langstrumpf feiert Weihnachten) vor. Nicht etwa als Marketingaktion in politisch angespannten Zeiten, sondern weil's die Ministerin schon seit vielen Jahren am bundesweiten Vorlesetag so macht, vorzugsweise in ihrem Wahlkreis. Und zu dem gehört Hemmoor halt dazu.

Von Bad Bederkesa, da gab es noch am Vormittag Lesungen in einer Grundschule, ging es am Freitag direkt zum AWO-Sprachheilkindergarten. Lautstärke und Unruhe hier wie dort dürften sich von jener im Landtag kaum groß unterschieden haben. Vorteil aber hier: Nach zwischenzeitlichen Schatten- und Bewegungsspielen konnten sich die Kinder wieder rasch aufs Wesentliche und damit den besonderen Gast fokussieren.

„Lesen ist für die Entwicklung eines Kindes von unschätzbarem Wert – das sehen wir alltäglich in unserer Sprachheilarbeit hier, aber auch bereits im gesamtgesellschaftlichen Wandel", sagt Bianca Scholz, „Sprechstörungen beeinflussen die Lese- und Schreibfähigkeiten eines Heranwachsenden erheblich, daher gehört das Vorlesen hier neben aller anderen logopädischen, motopädischen, pädagogischen und auch psychologischen Begleitung einfach dazu." Schön also, dass Daniela Behrens noch ein paar Buchgeschenke für die Kinder zurückließ – diese werden hier gern genutzt, aber eben auch benötigt. Und wer weiß – vielleicht haben die Hausführung und Hintergrundgespräche mit den Mitarbeitenden ja auch dafür gesorgt, dass man in gewissen politischen Handlungsfragen sich an den AWO Sprachheilkindergarten in Hemmoor und die hier geleistete wertvolle Arbeit erinnert.

WEITERE INFORMATIONEN ZUM THEMA

Der AWO Sprachheilkindergarten Hemmoor ...
... wird von 16 Kindern im Alter von vier bis sieben Jahren besucht. Das Haus und die Außenanlage sind liebevoll auf die Bedürfnisse der Kinder abgestimmt; jedes Kind erhält hier intensive logopädische und weitere therapeutische Angebote und wird entsprechend seiner Stärken, Interessen und Bedürfnisse unterstützt. Neben der logopädischen Therapie und der pädagogischen Förderung werden regelmäßig motopädische Angebote sowie eine psychologische Begleitung durchgeführt. Seit dem Jahr 2001 werden hier Kinder mit komplexen Sprachstörungen behandelt und begleitet.

Der bundesweite Vorlesetag ...
... ist eine Initiative von „Die Zeit", der Stiftung Lesen und der Deutschen Bahn Stiftung. Die Motivation dahinter: „Vorlesen bildet die Grundlage für ganz viele Fähigkeiten, die Kinder und Erwachsene im Leben brauchen. Es hilft dabei, selbst leichter Lesen zu lernen, es stärkt das Einfühlungsvermögen, lässt in andere Lebenswelten blicken, regt die Fantasie an oder fördert auch den Umgang mit anderen. Kurzum: Vorlesen legt den Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft und ein verständnisvolles Miteinander. Schirmherrin ist Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern und für Heimat.

Laut Vorlesemonitor ...
... fehlen jedem dritten Kind auch im Jahr 2024 prägende Vorleseerfahrungen. Deutlicher: „Vor allem bei den ganz kleinen Kindern, die noch nicht in die Kita gehen, und bei den älteren Kindern, die gerade mit dem Lesenlernen beginnen, fehlt es an Vorleseimpulsen in der Familie", heißt es. Und: „Diese Phasen sind jedoch wichtig, um Grundlagen zu schaffen und die Lesemotivation im Grundschulalter zu erhalten und zu fördern – denn Lesenlernen ist komplex und kann schnell frustrieren. [...] Die Befragung zeigt, dass Familien, in denen nicht vorgelesen wird, oft nur wenige Kinderbücher besitzen (29 Prozent der befragten Familien haben weniger als 10 Kinderbücher)."

Der AWO Bezirksverband Weser-Ems ...
... bietet mit seinen weit über 4100 Mitarbeitenden zwischen Nordsee und Osnabrücker Land soziale Dienstleistungen in rund 80 Einrichtungen rund um Pflege, Kinderbetreuung, psychosoziale Teilhabe und Beratung an. Als politischer Verband vertritt dieser die Interessen der Menschen in der Region und setzt sich für eine demokratische und gerechte Gesellschaft ein.

Die Arbeiterwohlfahrt ...
...gehört zu den sechs Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege. Bundesweit wirken in ihr über 300.000 Mitglieder, mehr als 72.000 ehrenamtlich Engagierte und 242.000 hauptamtliche Mitarbeiter*innen, um in unserer Gesellschaft bei der Bewältigung sozialer Probleme und Aufgaben mitzuwirken und den demokratischen, sozialen Rechtsstaat zu verwirklichen.

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