Verpflichtungsermächtigung für 2026 nach bislang fehlender Freischaltung offenbar hinfällig / Leidtragende sind zig Tausende Freiwillige und Hilfsbedürftige
NIEDERSACHSEN. Schocknachricht für zig Tausende BuFDis und noch mehr Bürger*innen, die auf ehrenamtliche Hilfen beispielsweise in Einrichtungen angewiesen sind: Wenige Tage vor der Bundestagswahl hat das Finanzministerium die für 2026 versprochenen Gelder quasi passiv einkassiert – denn die zugehörigen Verpflichtungsermächtigungen, die das Familienministerium im vergangenen Jahr zugesagt hatte, sind bislang offenbar nicht freigeschaltet worden.
Eine mindestens mittelfristige Planungssicherheit ist für die Freiwilligendienste essenziell wichtig, um Einsätze zu organisieren, Einrichtungen verlässliche Entlastungen und jungen Menschen eine Perspektive in Aussicht zu stellen. Im Schnitt sind etwa 36.000 Bundesfreiwillige pro Jahr im Einsatz, seit Mitte 2011 gar weit über 400.000 Menschen. Dank der zugesagten Verpflichtungsermächtigung – die ja rechtlich verbindlich ist – konnte auch Anne Brandt (Leitung Beratungsstelle für Freiwilligendienste, AWO Weser-Ems) Anfang dieses Monats ihren Mitarbeitenden etwas Druck vom Kessel nehmen und die überjährigen Dienste strukturieren. Dass besagte Verpflichtungsermächtigungen nun aber nicht freigeschaltet worden sind, grenze an mutwilliger Zerstörung des gesamtgesellschaftlich so bedeutsamen Sozial-Zweigs. Schon in wenigen Wochen können so keine neuen BFD-Vereinbarungen mit potenziellen Freiwilligen abgeschlossen werden, weil die vorläufige Haushaltsführung nicht genügend Reserven für die jedes Jahr ab dem Frühjahr steigenden Freiwilligenzahlen bereithält. „Damit ist der BFD per se ist in seiner Existenz bedroht", sagt Anne Brandt. „Schlimmer noch: Wir werden Menschen absagen, enttäuschen und damit verlieren, die sich ein ganzes Jahr lang freiwillig in den Dienst der Gesellschaft stellen wollten. Dieses Signal an Engagement, Solidarität und Menschlichkeit ist fatal – und spielt den falschen politischen Kräften in die Hände, die den Sozialstaat ohnehin zusammenkürzen wollen".
Noch im September des vergangenen Jahres hatte Anne Brandt angemahnt: „Wir bekommen aus der Politik immer zurückgemeldet, dass es nicht an der Wertschätzung mangelt, und dass jedem bewusst ist, dass die Freiwilligendienste wichtig sind auch für unsere Zivilgesellschaft. Dass man sich dafür einsetzen möchte, dass diese Mittel auch verstetigt werden."
Wenn nun also die als sicher geltende Finanzierung doch hintüber fällt, müssen die Freiwilligendienste bundesweit nicht nur erneut um ihre Existenz bangen, sondern auch Angebote möglicherweise vorsorglich reduzieren. „Schlussendlich heißt das für die Bewohnerinnen und Bewohner in den stationären Einrichtungen, dass zusätzliche Dienstleistungen, die jetzt von Freiwilligen erbracht werden, wegfallen. Also weniger Menschen, die mit ihnen rausgehen, die ihnen vorlesen, ihnen zuhören, sie begleiten und unterstützen, kurzum: die ihnen einfach ein Mehr an Zuwendung geben", so Anne Brandt.
WEITERE INFORMATIONEN ZUM THEMA
750 Plätze, 470 unterschiedliche Einsatzstellen ...
... von der Erziehung und Pädagogik über Pflege, sonstige Hilfeleistungen bis hin zur Betreuung und Begleitung: Wer sich in Niedersachsen im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) oder im Bundesfreiwilligendienst (BFD) verwirklichen und orientieren möchte, dazu zwischen 16 und 26 Jahren alt ist, findet dazu bei der AWO Beratungsstelle zahlreiche Möglichkeiten. Eigentlich. Schon im September hatte Anne Brandt zu den möglichen Konsequenzen bei damals im Raum stehenden Kürzungen Stellung bezogen. Denn das Soziale muss Jahr um Jahr um Anerkennung und Verstetigung kämpfen. Schon die Folgen der steten politischen Kürzungsandrohungen sind katastrophal. Das zugehörige Video mit einer Stellungnahme von Anne Brandt finden Sie unter https://www.youtube.com/watch?v=7wc8W4zJpiU
Weitere Informationen zum Thema gibt es unter www.freiwilligendienste-awo.de
Der AWO Bezirksverband Weser-Ems ...
... bietet mit seinen weit über 4100 Mitarbeitenden zwischen Nordsee und Osnabrücker Land soziale Dienstleistungen in rund 80 Einrichtungen rund um Pflege, Kinderbetreuung, psychosoziale Teilhabe und Beratung an. Als politischer Verband vertritt dieser die Interessen der Menschen in der Region und setzt sich für eine demokratische und gerechte Gesellschaft ein. Beteiligungs- & Spendenmöglichkeit: https://www.awo-ol.de/Aktuelles-Presse/Spenden/
Die Arbeiterwohlfahrt ...
...gehört zu den sechs Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege. Bundesweit wirken in ihr über 300.000 Mitglieder, mehr als 72.000 ehrenamtlich Engagierte und 242.000 hauptamtliche Mitarbeiter*innen, um in unserer Gesellschaft bei der Bewältigung sozialer Probleme und Aufgaben mitzuwirken und den demokratischen, sozialen Rechtsstaat zu verwirklichen. Mehr zu Jobs und Menschen: https://www.awo-ol.de/Aktuelles-Presse/Podcast/