AWO Weser-Ems: Freiwilligendienste wie FSJ und BFD unter massivem Druck / Stete Drohungen aus der Politik verunsichern Angebote und Bewerber*innen
WESER-EMS. 750 Plätze, 470 ganz unterschiedliche Einsatzstellen – von der Erziehung und Pädagogik über Pflege, sonstige Hilfeleistungen bis hin zur Betreuung und Begleitung: Wer sich in Niedersachsen im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) oder im Bundesfreiwilligendienst (BFD) verwirklichen und orientieren möchte, findet dazu bei der AWO zahlreiche Möglichkeiten. Allein: Neuerliche Kürzungsandrohungen in den aktuellen Haushaltsverhandlungen im Bund trüben die Ambitionen.
Die Haushaltsverhandlungen im Bundestag sind im vollen Gange – und auch wenn die AWO im vergangenen Jahr gemeinsam mit den anderen Spitzenvertretungen der Wohlfahrtspflege erfolgreich dafür mobilisieren konnte, den Sozialstaat nicht wegzukürzen, ist dennoch keine dauerhafte Besserung eingetreten. Im Gegenteil: Das Soziale muss Jahr um Jahr um Anerkennung und Verstetigung kämpfen. Schon die Folgen der steten politischen Kürzungsandrohungen sind katastrophal, auch bei den Freiwilligendiensten. Anne Brandt, Leiterin der Beratungsstelle fürs Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) und den Bundesfreiwilligendienst (BFD) bei der AWO Weser-Ems, nimmt in einem Kurzinterview dazu Stellung. Der Link zum Video: https://youtu.be/7wc8W4zJpiU
Die wichtigsten Aussagen:
- "Es würde knallen. Viele Freiwilligenplätze gäbe es dann nicht mehr - jede dritte, vierte, fünfte Stelle, je nach Ausfinanzierung, würde gestrichen werden."
- "Schlussendlich heißt das für die Bewohnerinnen und Bewohner in den stationären Einrichtungen, dass zusätzliche Dienstleistungen, die jetzt von Freiwilligen erbracht werden, wegfallen. Also weniger Menschen, die mit ihnen rausgehen, die ihnen vorlesen, mit ihnen spielen und so weiter, die ihnen einfach ein Mehr an Zuwendung geben."
- "An der Motivation scheitert es nicht, wir haben sehr viele Bewerbungen von jungen Menschen, die ein FSJ machen möchten (...) Viele junge Menschen hatten in der Corona-Zeit gar nicht die Möglichkeit, sich in der schulischen Phase richtig zu orientieren - und das möchten sie jetzt gerne nachholen."
- "Uns werden fürs nächste Jahr 40 Millionen Euro bundesweit gestrichen - und das heißt, wir können jetzt für den Zyklus 24/25 überhaupt gar nicht richtig planen, weil wir nicht wissen, welche Mittel wir überhaupt zur Verfügung stehen haben. Wir brauchen eine langfristige Planungssicherheit - und damit auch unsere Einsatzstellen und die Bewerber, die vor unserer Tür stehen."
- "Wir bekommen aus der Politik immer zurückgemeldet, dass es nicht an der Wertschätzung mangelt, und dass jedem bewusst ist, dass die Freiwilligendienste wichtig sind auch für unsere Zivilgesellschaft. Dass man sich dafür einsetzen möchte, dass diese Mittel auch verstetigt werden - und das kann uns gerade Politik leider nicht zusagen ..."
Bislang erfolgte Statements aus von Haushaltskürzungen betroffenen Segmenten der AWO Weser-Ems:
Soziale Arbeit (Thore Wintermann / Vorstand Verband und Politik):
„Das sind die Folgen, wenn das Soziale politisch und gesellschaftlich der der Strecke bleibt."
https://youtu.be/fp0QIGH3-DE
Migration (Carolin Selig / MBE):
„Wir brauchen eine solide Grundfinanzierung und Anerkennung"
https://youtu.be/am-seB27_Nc
WEITERE INFORMATIONEN ZUM THEMA
FSJ und BFD bei der AWO Weser-Ems
Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, Motivation und auch Angebote gibt es hingegen genug: Wer zwischen 16 und 26 Jahre alt ist und sich zumindest zeitlich begrenzt sozial engagieren, weiterentwickeln und austesten möchte, kann dies im Freiwilligen Sozialen Jahr und Bundesfreiwilligendienst tun. Ein Einstieg ist immer möglich, weitere Informationen zu Thema und Optionen gibt es unter www.freiwilligendienste-awo.de und bei der Beratungsstelle für Freiwilligendienste unter Tel. 04402/5952183 oder auch via Mail: fwd@awo-ol.de.
Die Kampagnenarbeit der AWO im Bund
Im vergangenen Jahr hatte die Bundes-AWO mit der Kampagne „Die Letzte macht das Licht aus!" für Aufsehen gesorgt. In diesem Jahr wird nicht nur darauf geschaut, wo das Geld fehlt – sondern auch, wo sich der Staat nicht genügend um seine Einnahmen kümmert: die Besteuerung hoher Einkommen und Vermögen. Das Themenquartal trägt daher den Titel „AWO steuert um" unter der Dachkampagne „Demokratie. Macht. Zukunft." Hier werden Vorschläge gemacht, wie eine fairere Verteilung in der Gesellschaft aussehen kann. Ein Beispiel: 2021 wurde zehn Großerben ein Steuererlass von 450 Millionen Euro gewährt, weil Betriebsvermögen nicht konsequent besteuert werden. Davon könnten wir die gesamte Bundesförderung für Migrationsberatung bezahlen – für fünf Jahre. Mehr noch: Durch das Steuerprivileg für Flugkerosin entgehen dem Staat jährlich über 7 Milliarden Euro. Davon könnte man einen Rechtsanspruch auf ein fair vergütetes Freiwilligenjahr finanzieren – und es wären immer noch knapp 5 Milliarden Euro übrig.
Die Arbeiterwohlfahrt ...
...gehört zu den sechs Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege. Bundesweit wirken in ihr über 300.000 Mitglieder, mehr als 72.000 ehrenamtlich Engagierte und 242.000 hauptamtliche Mitarbeiter*innen, um in unserer Gesellschaft bei der Bewältigung sozialer Probleme und Aufgaben mitzuwirken und den demokratischen, sozialen Rechtsstaat zu verwirklichen.
Der AWO Bezirksverband Weser-Ems ...
... bietet mit seinen weit über 4100 Mitarbeitenden zwischen Nordsee und Osnabrücker Land soziale Dienstleistungen in rund 80 Einrichtungen rund um Pflege, Kinderbetreuung, psychosoziale Teilhabe und Beratung an. Als politischer Verband vertritt dieser die Interessen der Menschen in der Region und setzt sich für eine demokratische und gerechte Gesellschaft ein.