Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) heißt eigentlich Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen. Das Ziel des Bundesteilhabegesetzes ist es, Menschen mit Behinderungen dabei zu unterstützen selbstbestimmter leben zu können. Das Bundesteilhabegesetz wird bis zum Jahr 2023 in vier Stufen umgesetzt.
Durch das BTHG sollen Menschen mit Behinderung mehr Möglichkeiten und mehr persönliche Selbstbestimmung sowie die dafür notwendige Unterstützung erhalten.
Hintergrund: Die Bundesregierung wurde von den United Nations (UN) dazu aufgefordert, die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Künftig sollen sich die Gesetze und der Behinderungsbegriff stärker an den UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ausrichten.
Die Eingliederungshilfe wird künftig im 2. Teil des SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung) geregelt. Bisher war die Eingliederungshilfe innerhalb der Sozialhilfe (SGB XII) verankert.
Diese Regelung gilt für alle Eingliederungshilfeleistungen zur selbstbestimmten Lebensführung für Menschen mit Behinderungen. Dies sind zum Beispiel Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die Teilhabe am Arbeitsleben, Teilhabe an Bildung sowie die Soziale Teilhabe.
Um die passenden Hilfen erhalten zu können wurden im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes die unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) geschaffen. Sie sind seit dem 1. Januar 2018 aktiv.
Die EUTB sind eingerichtet worden, damit beim Leistungsträger kein Interessenkonflikt zwischen Beratung und Finanzierung entsteht. Die EUTB soll unabhängige personenzentrierte Beratung ermöglichen und sicherstellen.
In der EUTB werden Menschen mit (drohender) Behinderung von Menschen mit Behinderung beraten. Die unabhängige Teilhabeberatung unterstützt dabei, das BTHG besser zu verstehen und dessen Leistungen in Anspruch zu nehmen.
Das Angebot richtete sich an alle Menschen mit (drohenden) Behinderungen sowie an deren Angehörige.
Hier finden Sie weitere Informationen zur ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB):
Durch das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz (BTHG)) wird u. a. ein neuer Behinderungsbegriff im § 2 SGB IX umgesetzt.
Eine Behinderung wird nicht mehr als Eigenschaft einer Person betrachtet, sondern als Wechselwirkung zwischen Umweltfaktoren und persönlichen Beeinträchtigungen. Die Leistungen der Sozialen Teilhabe orientieren sich künftig nicht länger an der Wohnform, sondern am persönlichen Bedarf der leistungsberechtigten Person.
Um diesen Bedarf zu ermitteln, ist ein Teilhabe- und/oder Gesamtplanverfahren notwendig. Um den persönlichen Bedarf und die persönlichen Ansprüche festzustellen wird das Bedarfsermittlungsverfahren in Niedersachsen unter Beteiligung des Menschen mit Behinderung (B.E.Ni) angewandt.
In der Teilhabeplan-/Gesamtplankonferenz wird ausgerichtet auf den persönlichen Bedarf, über mögliche Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe beraten.
Das personenzentrierte Arbeiten ist im BTHG verankert und beinhaltet konkrete Veränderungen für das Arbeiten in der AWO Trialog. Durch den Grundsatz der AWO Trialog „Begegnung auf Augenhöhe“ wird die leistungsberechtigte Person als Expert*in in eigener Sache wahrgenommen. Die Bedarfe und Ansprüche, die ein Mensch mit Behinderungen hat, bestimmen die notwendigen Assistenzleistungen.
Der Mensch mit Behinderung ist immer bei der Verhandlung dieser Leistungen dabei. Ziel ist es, gemeinsam eine selbstbestimmte und eigenverantwortliche Lebensführung zu verwirklichen. Für die Gestaltung der Assistenzleistungen, die durch die AWO Trialog erbracht werden, wird ein persönliches Planungsgespräch geführt. Grundlage des Planungsgesprächs sind der persönliche Unterstützungsbedarf und die im Teilhabe- bzw. Gesamtplanverfahren vereinbarten Ziele.
Die AWO Mitarbeiter*innen klären gemeinsam mit der leistungsberechtigten Person, welche Assistenzleistungen benötigt werden und wie diese umzusetzen sind.
Alle AWO Mitarbeiter*innen setzen bei der Umsetzung der personenzentrierten Planung auf größte Wertschätzung und Respekt. Dabei stehen die leistungsberechtigte Person und deren persönliche Situation im Mittelpunkt. Alle Handlungen orientieren sich stets am Notwendigen, um eine bestmögliche Soziale Teilhabe und Selbstständigkeit zu ermöglichen.
Ein Kinobesuch, die eigene Wohnung oder ein Date in einem Restaurant – Menschen mit Behinderungen sollen genau wie alle anderen Menschen am sozialen Leben teilhaben und die dafür nötige Unterstützung erhalten. Im BTHG wurden daher folgende Leistungen festgelegt:
- Leistungen für Wohnraum
- Assistenzleistungen
- Heilpädagogische Leistungen
- Leistungen zur Betreuung in einer Pflegefamilie
- Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten
- Leistungen zur Förderung der Verständigung
- Leistungen zur Mobilität
- Hilfsmittel und Besuchsbeihilfen
Welche Unterstützung eine Person künftig erhält, hängt allein von ihrem persönlichen Bedarf ab. Die Leistungen der Eingliederungshilfe orientieren sich dann nicht mehr an einer bestimmten Wohnform wie bisher. Daher werden die Fachleistungen der Eingliederungshilfe künftig klar von den Leistungen zum Lebensunterhalt getrennt und finanziert. Eine Unterscheidung zwischen ambulant, stationär und teilstationär findet nicht mehr statt.
Was bedeutet das nun genau?
Michael P. lebt in einer besonderen Wohnform (ehemals eine betreute Wohngemeinschaft in einem Wohnheim). Seine Bekannte Sabine M. wohnt allein zuhause, und wird durch eine Psychosoziale Assistenz (ehemals Ambulant Betreutes Wohnen (ABW)) unterstützt. Durch das Bundesteilhabegesetz erhält Michael ab 2020 die Assistenzleistungen getrennt von den Leistungen zum Lebensunterhalt (Grundsicherung). Wie Sabine erhält Michael dann sein Geld für die Miete seiner Wohnung sowie sein Geld für Lebensmittel, Bekleidung, Freizeit etc. auf sein eigenes Konto.
Er muss dann seine Miete und Lebensmittel, Kleidung usw. selbst bezahlen. Von den Betreibern der besonderen Wohnform erhält Michael einen Vertrag, in dem beispielweise festgelegt ist, wie hoch die Miete für sein Wohnraum ist und was das Mittagessen in der besonderen Wohnform kostet. Michael bezahlt dann die Miete und das Geld für das Mittagessen selbstständig an den Betreiber. Michael und alle anderen Menschen mit einer Behinderung können dann selbstständig ein Konto führen und eigenverantwortlich mit ihrem Geld umgehen.
Das Geld für die Assistenzleistungen wird weiterhin von der Behörde direkt an die besondere Wohnform bezahlt.
Hier geht es zu Angeboten der AWO für besondere Wohnformen (ehemals Stationäre Einrichtungen) und Psychosoziale Assistenz (ehemals Ambulant Betreutes Wohnen).
Auch beim Einkommen und Vermögen gibt es Änderungen. Seit 2017 ist die Vermögensfreigrenze (Schonvermögen) gestiegen. Ab 2020 soll diese auf 50.000 Euro steigen (weitere Informationen).
Was bedeutet das genau?
Peter bezieht Eingliederungshilfe. Er kann künftig mehr von seinem Einkommen und Vermögen behalten. Zudem wird das Vermögen von Peters Lebenspartner Mike, ab dem Jahr 2020 nicht mehr herangezogen.
Achtung! Bei der Grundsicherung, die die Kosten für die Unterkunft oder Miete, Lebensmittel, Kleidung und Freizeit abdeckt, gilt eine andere Regelung. Bei der Grundsicherung beträgt der Freibetrag 5.000 Euro je Person. Daher erhält Peter einen Freibetrag von 5.000 Euro. Bei Ehepaaren oder Lebenspartnerschaften erhalten die Partner*innen ebenfalls einen Freibetrag von 5.000 Euro.
Menschen mit Behinderungen, die nicht mehr als drei Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten können, haben einen Anspruch, in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen zu arbeiten. Durch das BTHG sollen weitere Formen der Beschäftigung geschaffen werden.
Viele Menschen mit Behinderung konnten bisher nur in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung arbeiten. Durch das BTHG soll es jetzt mehr Wahlmöglichkeiten beim Arbeitsplatz geben. Die Leistungen der Werkstatt können jetzt auch durch andere Unternehmen, die „anderen Leistungsanbieter“, erbracht werden. Auch das „Budget für Arbeit“ kann helfen. Damit erhalten Unternehmen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen dauerhaften Lohnkostenzuschuss, wenn sie Menschen einstellen, die Anspruch auf einen Arbeitsplatz in einer Werkstatt haben. Menschen mit Behinderung haben dadurch mehr Chancen einen Arbeitspatz auszuwählen.
Was heißt das genau?
Markus hat vor fünf Jahren angefangen in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung zu arbeiten. Jetzt möchte er „ganz normal“ in einem Altenheim arbeiten. Gemeinsam mit der Werkstatt hat er einen Arbeitgeber gefunden, der ihn einstellen möchte. Markus kann seinem zukünftigen Chef sagen, dass er eine Förderung für ihn bekommt. Außerdem kann Markus auch weiterhin regelmäßig unterstützt werden, um Schwierigkeiten bei der Arbeit zu lösen.